Meine eigene Geschichte
Nach einer Spital- und zwei Hausgeburten war ich zum 4.Mal schwanger, ungeplant. Beim ersten und eigentlich einzigen Ultraschall in der 24.SSW stellte die Ärztin fest, dass da ja zwei kleine Wesen in meinem Bauch herumschwammen! Oh Schock! So war es nicht gedacht. Den eher grossen Bauch hatte ich bisher darauf geschoben, dass es halt die 4.Schwangerschaft war… .
Da Zwillingsgeburten in der CH per Definition Ärztesache sind, musste ich mich neu organisieren.
Ich suchte nach einer Beleghebamme, die bereit war, mich möglichst machen zu lassen, und handelte mit der Ärztin die Konditionen für eine vaginale Geburt aus. Und gleichzeitig wollte es einfach nicht in meinen Kopf, dass ich mich, nur weil zwei (gesunde!) Kinder in meinem Bauch waren, unter technische Überwachung begeben sollte, von der ich überzeugt war, sie nicht zu brauchen. Warum sollte meine wundervolle Körperin sich in eine Situation begeben, die sie nicht selbst zu meistern imstande war?
Ich betrieb intensive Recherche, um sämtliche geburtshilflichen Risiken einzugrenzen und abzuwägen; nahm Kontakt auf mit Frauen, die ähnliche Situationen erlebt hatten, liess mir eine spezifisch auf uns zugeschnittene Geburtshypnose erstellen, las Bücher über selbstbestimmte Geburt, diskutierte mit dem Vater meiner Kinder…. Immer wieder verband ich mich mit meiner Urkraft, lauschte in meine Körperin hinein, um Hinweise zu finden, welcher Weg sich für mich und die Kinder stimmig anfühlte. Und entschied mich letztendlich dazu, nur dann ins Spital zu gehen, wenn es denn geburtshilflich notwendig sein sollte.
Meine zwei Jungs kamen in einer einfachen, raschen, absolut unkomplizierten Hausgeburt zur Welt - interessanterweise genau so, wie ich es mir immer visualisiert hatte. Mit einer Pause zwischendrin, um zu verschnaufen, das erste Kind anzuschauen und zu stillen, bevor das Zweite sich auf den Weg machte. Es war intensiv, aber völlig friedvoll, keine Sekunde lang hatte ich den Eindruck, ich oder die Kinder seien in Gefahr.
Das Dilemma daran: Nur mit wenigen Menschen in meinem Umfeld konnte ich meine Gedanken offen teilen. Nicht einmal meiner Hebamme wagte ich mich völlig anzuvertrauen, ich wollte sie nicht in eine unangenehme Lage bringen. Die Situation zwang mich, die volle Verantwortung für mein Tun vollkommen selbst zu tragen. Mit dieser Geburt wurde mir das Potential von uns Frauen erstmals so richtig bewusst - wir schaffen wirklich Leben. Wir benötigen dazu niemanden, der uns sagt, was wir zu tun haben. Aber was uns gut tut, ist, liebevolle, wissende Unterstützung durch Gleichgesinnte zu haben, die uns den Rücken stärken (oder massieren) und uns an unsere Kraft erinnern.
Mit meiner Geschichte möchte ich nicht dazu einladen, unvorbereitet in eine unassistierte Geburt hineinzustürzen. Im Gegenteil: Ich möchte damit aufzeigen, dass es Sinn macht, immer wieder hineinzulauschen, sich auf die eigene innere Weisheit zu besinnen, denn meist weiss der Körper den Weg. Ich möchte Frauen dazu einladen, sich zu stärken, sich Hilfe zu holen, klar auszudrücken, was ihre Wünsche und Bedürfnisse sind, und sich zu vernetzen. Ich wünsche jeder Gebärenden eine weise Schwester an ihrer Seite, die ihr den Raum hält, damit sie selbstbestimmt, in ihrem Rhythmus, in Würde und in ihrer Kraft gebären kann. Und ich möchte mit meiner Arbeit Wege und Möglichkeiten aufzeigen, Handlungsspielräume erschliessen, immer wieder zum reflektieren einladen. Damit mehr Kinder interventionsfrei und in geborgenem Setting zu Hause zur Welt kommen können. Oder, falls dies nicht der stimmige Weg sein sollte, dass die werdende Mutter im grösstmöglichen Vertrauen in sich und ihre Fähigkeiten, handlungsfähig, im klinischen Setting dennoch ihre Vorstellungen kundtun und im Kontakt mit ihrem Kind bleiben kann, damit trotz notwendiger Interventionen die Bindung so intakt wie möglich erhalten werden kann.